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Das Internet und vor allem künstliche Intelligenz bringen neuen Formen von sexualisierter Gewalt mit sich. Über soziale Netzwerke, Chat-Foren, oder Online-Games können Pädokriminelle leicht Kontakt mit Minderjährigen aufnehmen. Sie geben sich als Gleichaltrige aus oder versuchen auf andere Weise, Vertrauen zu erschleichen. Und mit nur wenigen Klicks können intime Fotos oder Videos verbreitet werden – ungewollt oder unter Druck.
Kinder und Jugendliche sollten über diese Risiken informiert werden, sobald sie selbstständig im Internet unterwegs sind. Sie müssen wissen, wie sie sich schützen können.
Sexuelle Übergriffe sind Straftaten – auch im Netz.
Kinder und Jugendliche sollen wissen: Sie sind nie schuld, wenn etwas passiert.
Es gibt Warnzeichen, die auf bekannte Strategien von Tätern hindeuten.
Aufklärung, Begleitung und eine offene Gesprächskultur sind der beste Schutz.
Inhalt
Man spricht von Cybergrooming, wenn eine erwachsene Person im Internet Kontakt mit Minderjährigen aufnimmt – mit dem Ziel, dass es zu sexuellen Handlungen kommt. Das kann überall dort passieren, wo Kinder und Jugendliche sich online aufhalten und es Möglichkeiten gibt, sie zu kontaktieren: Zum Beispiel bei sozialen Netzwerken wie TikTok, Instagram und Snapchat, bei Online-Plattformen wie YouTube und Twitch, aber auch bei Online-Spielen und Gamingplattformen wie Fortnite und Roblox.
Kinderpornografie: Dazu zählen alle Darstellungen sexueller Handlungen mit Minderjährigen – auch Zeichnungen, Audioaufnahmen oder animierte Inhalte. Abbildungen von nackten oder halbnackten Kindern, die eindeutig sexualbezogen sind, werden ebenfalls als Kinderpornografie eingestuft. Selbst intime Bilder, die Jugendliche von sich selbst machen und verschicken, können unter Umständen strafbar sein.
Sexuelle Belästigung im Netz umfasst unerwünschte Nachrichten, Bilder oder Videos mit sexuellem Inhalt (zum Beispiel sogenannte «Dickpics»), aber auch Stalking oder sexuelle Kommentare im virtuellen Raum.
Rache-Pornos (Englisch «Revenge Porn»): Intime Aufnahmen, die ohne Einverständnis verbreitet werden – etwa nach einem Streit oder einer Trennung. Manche Täter nutzen zusätzlich sogenannte Deepnudes: Mit KI manipulierte Bilder, bei denen Kleidung digital entfernt oder Gesichter in pornografisches Material eingefügt werden.
Heimliche Aufnahmen, etwa unter Röcke oder in Umkleidekabinen können mit versteckten Kameras oder Smartphones gemacht werden.
Sexuelle Übergriffe per Live-Stream geschehen, wenn Kinder oder Jugendliche aufgefordert werden, sich vor der Webcam auszuziehen oder sich anzufassen.
Sexualisierte Bildbearbeitung betrifft auch Alltagsfotos. Durch KI und Bearbeitungs-Apps lassen sich harmlose Bilder leicht manipulieren und erotisieren.
Pornografie und Sexting
Künstliche Intelligenz
Mit Sextortion (zusammengesetzter Begriff aus «sex» und «extortion», englisch für «Erpressung») wird eine Erpressungsmethode bezeichnet, bei der eine Person mit sexuell explizitem Video- oder Bildmaterial unter Druck gesetzt wird. Beispielsweise können das Bilder sein, die zunächst im Rahmen von Sexting einvernehmlich versendet wurden – oder auch Aufnahmen, die in einer Grooming-Situation entstanden sind. Es wird mit der Veröf-fentlichung des Materials oder mit der Weiterleitung an Dritte gedroht. Manchmal geht es dabei um Geld, nicht selten werden aber auch weitere, vielleicht noch explizitere Darstellungen gefordert.
Weiterführende Links
Sogenannte Cybersexualdelikte – also Sexualdelikte im Zusammenhang mit dem Internet – haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Das gilt auch für Fälle, in denen Minderjährige betroffen sind. Zudem ist mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen, da sich die betroffenen Personen häufig schämen und mit niemandem über ihre Erlebnisse sprechen. Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen bedeuten solche Übergriffe einen massiven Einschnitt in ihre Integrität. Sie erleiden einen Vertrauensmissbrauch und kämpfen oft mit Gefühlen von Scham und Schuld. Wurden Fotos oder Videos verschickt, sind die Erlebnisse doppelt belastend: Neben dem psychischen Leid kommt die Ungewissheit hinzu, was die Täter mit dem Material gemacht haben. Dieses Empfinden von Ohnmacht kann die Verarbeitung des Geschehenen noch erschweren.
Täter (in den allermeisten Fällen handelt es sich um erwachsene Männer) gehen meist geschickt und gezielt vor. Sie nutzen die Anonymität des Internets und die Gutgläubigkeit von Kindern und Jugendlichen aus. Ihre Methoden sind oft schwer zu durchschauen – weil sie sich hinter falschen Profilen verbergen und eine emotionale Beziehung zu ihren Opfern aufbauen.
Dennoch gibt es typische Strategien, die ein Warnsignal sein können:
Vertrauensaufbau: Täter geben sich verständnisvoll, machen Komplimente oder stellen sich als «besonders gute Freunde» dar. Häufig behaupten sie, selbst jung oder in einer ähnlichen Situation zu sein.
Ansprechen über gemeinsame Interessen: Ob Games, Musik oder Alltagsthemen – Täter suchen eine Verbindung über Bereiche, für die Kinder und Jugendliche sich besonders interessieren.
Schnelle Gesprächsverlagerung: Oft wird der Kontakt rasch von einer öffentlichen Plattform in einen privaten Chat verschoben.
Sexualisierung des Gesprächs: Täter lenken Gespräche schrittweise auf sexuelle Themen – häufig in Form von Fragen oder scheinbar harmlosen Bitten. Oder sie stellen sich als Mentoren dar.
Emotionaler Druck: Die Täter versuchen ihren Opfern einzureden, dass die Beziehung etwas Besonderes ist, eine «verbotene Liebe» und dass darum niemand von dem Kontakt wissen darf. Sie fordern dazu auf, Geheimnisse zu teilen und machen deutlich, dass niemand sonst sie so versteht. Oder sie setzen unter Druck: «Wenn du mich magst, tust du das».
Sei vorsichtig mit persönlichen Angaben! Gib online nicht einfach deinen Namen, dein Alter, deine Adresse oder deinen Live-Standort weiter.
Glaube nicht alles, was dir jemand schreibt! Profile können gefälscht sein. Wenn jemand fremd ist, sei zurückhaltend – besonders, wenn du angeflirtet wirst oder jemand persönliche Bilder will.
Triff dich nie mit Unbekannten aus dem Internet! Wenn du dich überhaupt mit jemandem verabredest, den du nur aus dem Netz kennst, dann nur mit einer erwachsenen Begleitperson – und an einem öffentlichen Ort.
Mach keine Videochats mit Fremden! Was harmlos beginnt, kann unangenehm oder übergriffig werden – und aus Mitschnitten kann Erpressung werden.
Lass dich zu nichts überreden! Schick keine Nacktbilder – und wenn dir etwas komisch vorkommt, hol dir Hilfe. Niemand darf dir drohen oder dich unter Druck setzen.
Hol Hilfe! Du bist nicht allein: Sprich mit einer Vertrauensperson, wenn etwas passiert ist oder du dich unwohl fühlst. Und es gibt anonyme Beratungsstellen wie clickandstop.ch, bei denen du dich melden kannst.
Du hast keine Schuld! Egal, was jemand sagt: Die Verantwortung liegt immer bei den Tätern.
Über Sexualität und Grenzen sprechen: Das Erkunden der eigenen Sexualität ist für Heranwachsende ein sensibles Thema. Umso wichtiger ist es, dass ihre sexuelle Integrität und Selbstbestimmtheit geschützt werden. Offene Gespräche über Sexualität fördern die gesunde sexuelle Entwicklung. Dazu gehört auch, die eigenen Grenzen zu spüren. Gerade bei sensiblen Themen ist eine Vertrauensbasis wichtig. Kinder und Jugendliche sollen wissen, dass sie Ansprechpersonen haben, wenn etwas geschieht.
Risiken und Abwehrstrategien bewusst machen: Aufklärung bedeutet auch, Risiken bewusst zu machen: Nicht alle Menschen sind mit guten Absichten im Internet unterwegs. Profile können gefälscht sein. Ein intimes Foto oder Video kann missbräuchlich verwendet werden – um zu erpressen oder als Rache. Sprechen Sie über die oben genannten Grundregeln. Und trainieren Sie Abwehrstrategien: Sätze wie «Das will ich nicht!» oder «Ich zeig dich an!» können Täter abschrecken.
Keine Vorwürfe machen: Wichtig ist vor allem, Kindern und Jugendlichen zu vermitteln: «Es ist nicht deine Schuld!» Machen Sie nie Vorwürfe, sondern sprechen Sie darüber, wie es dazu kommen konnte. Und wie sich Kinder und Jugendliche besser schützen können.
Externe Hilfe holen: Bei einem Vorfall gilt es, umgehend aktiv zu werden, sich an die Polizei zu wenden und das Geschehene zu melden.
Sexualisierte Gewalt bedeutet eine Verletzung der Menschenrechte und ist in allen Formen verboten. Rechtlich verfolgt werden Übergriffe entweder automatisch durch die Strafverfolgungsbehörden oder auf Antrag der betroffenen Person.
Im Schweizer Strafgesetzbuch sind solche Taten hauptsächlich unter dem Titel «Straftaten gegen die sexuelle Integrität» geregelt – in den Artikeln 187 bis 199 StGB. Auch weitere Gesetzesartikel können je nach Vorfall geltend gemacht werden.
Für die wichtigsten oben genannten Formen von Übergriffen heisst das konkret:
Cybergrooming ist eine Form der sexuellen Belästigung, bei der Erwachsene online Kontakt mit Minderjährigen aufnehmen und sich deren Vertrauen erschleichen. Oft geben sie sich als gleichaltrig wie die Opfer aus. Das Ziel des Cybergroomings ist es, von den Minderjährigen Fotos oder Videos mit sexuellem Inhalt zu bekommen oder sogar persönliche Treffen zu vereinbaren, bei denen es dann zu sexuellen Übergriffen kommen kann.
Strafbar ist bereits der Versuch, dies umzusetzen, also unter Umständen das Grooming. Mögliche Straftatbestände, die im Fall von Cybergrooming zur Anwendung kommen können, sind die folgenden:
Art. 187 StGB, «Sexuelle Handlungen mit Kindern»
Art. 22 StGB, «Strafbarkeit des Versuchs»
Art. 197 Abs. 4 StGB, «Pornografie»
Art. 198 StGB, «Sexuelle Belästigungen» (Antragsdelikt)
Solche heimlichen Aufnahmen stellen eine Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte dar (Art. 179quater StGB). Unter Umständen kann auch es sich auch um sexuelle Belästigung (Art. 198 StGB) handeln.
Wer pornografisches Material, das sexuelle Handlungen (tatsächliche oder nicht tatsächliche) mit Minderjährigen beinhaltet, herstellt, zeigt, anderen zugänglich macht, sich beschafft oder besitzt, macht sich strafbar. (Art. 197 Abs. 4 und Abs. 5 StGB)
Das Weiterleiten von nicht öffentlichen sexuellen Inhalten ohne Zustimmung der darin erkennbaren Person ist verboten (Art. 197a StGB). Das Oper muss allerdings einen Strafantrag stellen, es handelt sich um ein Antragsdelikt.
Zu Sextortion, eine Form der Erpressung mit intimen Bildern, gibt es in der Schweiz keine spezifische Strafnorm. Sextortion umfasst in der Regel aber die folgenden strafbaren Handlungen:
Erpressung (Art. 156 StGB)
Verleumdung (Art. 174 StGB)
Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte (Art. 179quater StGB)
Pornografie (Art. 197 StGB)
Das Gesetz stellt unter Strafe, wenn jemand
Minderjährige unter 16 Jahren in eine sexuelle Handlung einbezieht (Art. 187 StGB) oder ihnen pornografische Darstellungen zukommen lässt (Art. 197 StGB)
andere durch eine sexuelle Handlung belästigt bzw. tätlich oder durch Worte sexuell belästigt (Art. 198 StGB)
eine Person zu einer sexuellen Handlung nötigt, namentlich durch Drohungen, psychischen Druck oder Gewalt (Art. 189 StGB).
Letzte Aktualisierung des Textes am 12.11.25