Eine aufhaltende Hand mit einem Ring am Mittelfinger.

Extremismus & Radikalisierung

Jugendliche sind im Internet zunehmend mit digitalen Gewaltformen, radikalen Inhalten und Ansprachen konfrontiert. Sie können Opfer von Propaganda werden oder auch unreflektiert problematische Inhalte Dritter teilen – manchmal ohne zu wissen, dass sich antidemokratische Strategien dahinter verbergen. Und was online beginnt, kann auch in der Offline-Welt zu konkreter Gewalt führen. Heranwachsende brauchen Orientierung, damit sie eine klare Haltung gegen Extremismus und Radikalisierung entwickeln können. Eltern können sie unterstützen, ihre Einstellung zu Religion und Demokratie zu reflektieren, eine konstruktive Debattenkultur zu lernen und Inhalte kritisch zu hinterfragen.

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DER SCHWEIZER JUGENDLICHEN SIND GEMÄSS EINER STICHPROBE ALS RECHTSEXTREM EINZUSTUFEN (STUDIE DER ZHAW UND DER HETS FRIBOURG 2018)
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DER 17- UND 18-JÄHRIGEN GELTEN LAUT DER STICHPROBENBEFRAGUNG ALS LINKSEXTREM (STUDIE DER ZHAW UND DER HETS FRIBOURG 2018)
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DER IN DER STICHPROBE BEFRAGTEN MUSLIMISCHEN 17- UND 18-JÄHRIGEN WERDEN ALS ISLAMISTISCH EXTREM BEZEICHNET (STUDIE DER ZHAW UND DER HETS FRIBOURG 2018)
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Gut zu wissen

Was ist Extremismus?

Extremismus ist die Bereitschaft, die bestehenden Verhältnisse radikal und notfalls mit Gewalt zu verändern, um politische und/oder religiös motivierte Ideologien umzusetzen, die einen Absolutheitsanspruch im Sinne der einzig «wahren Interpretation» besitzen (Kemmesies, 2006; S. 11). Extremismus kann auch eine extreme Positionierung in Bezug auf Identität, Kultur oder Gesellschaft darstellen. Gewaltbereiter Extremismus umfasst Terrorismus und alle anderen Arten von ideologisch begründeter fanatischer Gewalt oder Gewalt aus Hass.

Welche Formen von Extremismus gibt es und woran erkennt man sie?

Politischer und religiöser Extremismus im Netz äussert sich in unterschiedlicher Form. Die Urheber*innen machen sich dabei besonders das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen zunutze: Sie verbreiten ihre Botschaften in Sozialen Netzwerken, oft verpackt als politische Aufklärung, Unterhaltung oder Satire. Videos, Songs, aber auch Handy-Klingeltöne oder Hintergrundbilder sind beliebt, um Ideologien und Hassbotschaften zu vermitteln. → Diskriminierung und Hass im Netz

Allen extremistischen Äusserungen ist gemein, dass sie den fundamentalen Werten einer demokratischen Gesellschaft – etwa Menschenrechte, Gleichheit, Freiheit, Toleranz – diametral entgegenstehen. Die Welt wird eingeteilt in Freund und Feind, Ressentiments gegen andere werden geschürt. Neben der Demokratiefeindlichkeit kennzeichnen Autoritarismus und Verschwörungstheorien extremistische Ideologien. Dabei wird oft unterschieden zwischen «kognitiven Extremisten» einerseits, deren Ziel- und Wertvorstellungen zwar jenen der Gesellschaft widersprechen, als solche aber nicht verboten sind. Strafbar machen sich andererseits «gewaltbereite Extremisten», die zu Gewalt aufrufen oder diese rechtfertigen.

Zum politisch oder religiös motivierten Extremismus gehören Rechts- und Linksextremismus sowie der Dschihadismus:

Dschihadismus ist eine fundamentalistische Strömung des Islamismus, welche den Aufbau und die Ausdehnung des islamischen Staates (IS) mittels Gewalt verfolgt. Als Ungläubige, die gewaltsam zu verfolgen sind, gelten alle Menschen, die sich nicht dem IS anschliessen oder die diesen bekämpfen. Über das religiöse Bezugssystem hinaus handelt es sich um eine politische Bewegung, welche mittels der Verbreitung von Verschwörungstheorien gegen die angeblich weltweite Unterdrückung von Muslimen ankämpfen will. Immer wieder lassen sich junge Menschen aus westlichen Ländern verleiten, sich dem IS oder anderen dschihadistischen Gruppen (z. B. al-Qaida) anzuschliessen.

Linksextrem orientierte Personen vertreten kommunistische, marxistisch-leninistische und anarchistische Ideen. Sie kämpfen gegen das globalisierte, kapitalistische System sowie eine Ideologie der sozialen Gleichheit. Aufgerufen wird zum Widerstand gegen angeblich ausbeutende oder repressive staatliche Strukturen und Institutionen wie Polizei oder parlamentarische Demokratie. Gewaltbereite Linksextremist*innen instrumentalisieren oft gesellschaftliche Proteste für ihre Zwecke. Sie sind bekannt für Sabotageakte an Symbolen des Kapitalismus (Banken, Geschäfte etc.).

Rechtsextremismus bezeichnet eine nationalistische, rassistische, antisemitische und (neo-)faschistische Ideologie. Entsprechende Propaganda bedient sich oft der Angst vor dem «Fremden» und «Anderen»: Anfeindungen richten sich gegen Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, Religion oder ihrer sexuellen Orientierung → Diskriminierung & Hate Speech. Anstelle von demokratischen Grundlagen wird ein autoritäres Regime gewünscht, und die Verherrlichung der nationalsozialistischen Herrschaft unter Hitler geht einher mit einer Relativierung oder gar Verleugnung des Holocaust. Extremer Patriotismus und das Verwenden von Symbolen wie etwa die Zahl 88 oder das Hakenkreuz, Grussformeln wie «Heil Hitler» und «Sieg Heil» sind weitere Erkennungsmerkmale.

Rechtsextremismus ist häufig gut getarnt und kommt jugendgerecht etwa in Videos oder Songs, aber auch als Informationsseiten zu gesellschaftlichen Themen oder als lokale Bürgerinitiative daher.

Radikalisierung – der Weg zum Extremismus

Der → nationale Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus des Sicherheitsverbundes Schweiz definiert Radikalisierung (gestützt auf The Nordic Safe Cities Guide) als einen «Prozess, bei dem eine Person immer extremere politische, soziale oder religiöse Bestrebungen annimmt, allenfalls bis hin zum Einsatz von extremer Gewalt, um ihre Ziele zu erreichen». Eine Radikalisierung kann zu den verschiedensten Gruppierungen hin erfolgen – von politischen und religiösen Gruppierungen über vereinnahmende religiöse Bewegungen («Sekten», dschihadistischen Gruppen) bis zu Hooligans, Links- oder Rechtsextremen.

Es zeigt sich, dass die Mechanismen, die bei der Radikalisierung spielen, von der ideologischen Ausrichtung weitgehend unabhängig sind. Es handelt sich um einen aktiven Prozess, der von einer Vereinnahmung zu unterscheiden ist. Bei der Entstehung treffen individuell unterschiedliche Faktoren zusammen – es gibt demnach kein typisches Profil.

Die Radikalisierungsforschung ist sich nicht einig über die Entstehung von (gewaltbereitem) Extremismus. Die meisten Modelle und Theorien beschreiben aber drei Elemente:

  • Persönliche Erfahrung von Unmut, Unzufriedenheit und Konflikt (z. B. Identitätskonflikt), Ausgrenzung oder politischen Spannungen
  • Übernahme einer extremistischen Ideologie,
  • Einbindung in Sozial- und Gruppenprozesse, die geprägt sind von Gruppenloyalität und Gruppendruck.


Über die Bedeutung, Kombination und Reihenfolge dieser Elemente ist man sich aber nicht einig. Auch dürften weitere Faktoren eine Rolle spielen.

Wie verbreitet sind extremistische Ideologien bei Jugendlichen?

Repräsentative Zahlen zu dieser Frage gibt es für die Schweiz bisher nicht. Anhaltspunkte gibt eine Befragung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und der Hochschule für Soziale Arbeit Fribourg unter 17- und 18-Jährigen:

  • Rechtsextremismus: Betrachtet wurden die Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Rund 6 Prozent von ihnen wurden als rechtsextrem eingestuft. Eine ausländerfeindliche Einstellung äusserte ein Viertel der Jugendlichen, nationalistisch zeigten sich 21 Prozent. Rechtsextremes Gewaltverhalten hatten rund 3 Prozent innert der vergangenen 12 Monate gezeigt, 5 Prozent befürworteten Gewalt gegen Ausländer*innen.
  • Linksextremismus: Die Werte beziehen sich auf alle befragten Jugendlichen. 7 Prozent erwiesen sich demnach als linksextrem. 47 Prozent zeigten sich kapitalismusfeindlich, 22 Prozent hegten eine Abneigung gegen Polizei und Staat. 8 Prozent hiessen Gewalt gegen Polizist*innen gut und rund 4 Prozent waren innerhalb des letzten Jahres gewalttätig geworden.
  • Islamistischer Extremismus: Die Beurteilung beschränkte sich auf muslimische Jugendliche. Von ihnen wurden knapp 3 Prozent als islamistisch-extrem beurteilt. 43 Prozent waren gegenüber der westlichen Welt negativ eingestellt, 29 Prozent gegenüber nichttraditionellen Muslim*innen. Schweizerfeindlichkeit zeigten 4 Prozent der Jugendlichen, Gewaltbereitschaft 5 Prozent.


Die Untersuchung nahm auch das mediale Verhalten unter die Lupe. 21 Prozent der befragten muslimischen Jugendlichen hatten innerhalb des vergangenen Jahres mindestens einmal eine Website mit radikal-islamischen Inhalten besucht. 23 Prozent haben als Naschids bezeichnete Dschihad-Propagandasongs angeschaut. Linksextremistische Online-Inhalte wurden von neun Prozent aller Jugendlichen konsumiert, linke Musik hörten fast 15 Prozent der Befragten. Im rechtsextremen Bereich waren es ebenfalls neun Prozent (Websites) bzw. zwölf Prozent (Musik) der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. (Verbreitung extremistischer Einstellungen und Verhaltensweisen unter Jugendlichen in der Schweiz, 2018).

Extremismus und Radikalisierung im Internet

Soziale Netzwerke, Blogs und Kommentarspalten bieten unzählige Plattformen, Meinungen zu äussern, öffentliche Diskurse zu führen und Propaganda zu betreiben. Immer häufiger werden diese Kanäle auch benutzt, um extremistische Ansichten zu verbreiten oder Mitglieder für radikale Gruppen anzuwerben. Der Begriff «Radikalisierung im Netz» hat sich – wie andere Phänomene, z. B. «Hassrede» oder «Shitstorm» → Diskriminierung & Hass im Netz – in unserer modernen Kommunikationsgesellschaft etabliert.

Extreme Ansichten verbreiten sich online viel schneller als offline und die Hemmschwelle, sie zu unterstützen, ist geringer als im Offline-Leben. Dies hat damit zu tun, dass man im Internet seine Meinung publik machen kann, ohne seine Identität preisgeben zu müssen. Auch lässt sich leicht eine Fake-Identität kreieren → Fake News & Manipulation. Hinzu kommt, dass man sich im Netz manchmal schneller einer Gruppe oder Gemeinschaft zugehörig fühlt, was einen Prozess der Radikalisierung beschleunigen kann.

In den letzten Jahren haben sich gewalttätige extremistische Aktivitäten verschiedenster Art im Internet zunehmend verbreitet. Gerade Social-Media-Kanäle werden von extremistischen Gruppen gezielt als Propagandamedium eingesetzt, um neue Mitglieder zu gewinnen, zu radikalisieren und zu mobilisieren.

Allerdings wird nur ein kleiner Teil der Fälle von Extremismus im Rahmen von Beratungen oder Anzeigen überhaupt registriert. Eine Fallstatistik zu allen Formen von Extremismus gibt es nicht. Entsprechend hoch ist die Dunkelziffer.

Die Grenze der freien Meinungsäusserung ist dann überschritten, wenn die Menschenwürde angegriffen oder zu Gewalt aufgerufen wird. Das schweizerische Recht kennt verschiedene Rechtsnormen, die Menschen vor Gewaltaufrufen und Extremismus schützen. Rechtsgrundlagen sind etwa die Bundesverfassung, die Strafnormen gegen Rassendiskriminierung, Beschimpfung, Verleumdung, üble Nachrede und Drohung oder der zivilrechtliche Schutz der Persönlichkeit. Informationen zu den strafrechtlich verbotenen Inhalten und Handlungen im Netz finden sich in unserer Rubrik → Strafbare Handlungen.

Gegennarrative und alternative Narrative

Gegennarrative im engeren Sinne dekonstruieren, entmystifizieren und diskreditieren direkt extremistische Botschaften, etwa durch ideologische oder theologische Argumente, durch Humor, die Aufdeckung von Heuchelei, Lügen und Fehlinformationen. Ausserdem wecken und schärfen sie den kritischen Verstand und zeigen, wie man die richtigen Fragen stellt, um Argumente und Gegenargumente kritisch zu reflektieren und zu hinterfragen.

Alternative Narrative fokussieren auf alternative, positive Botschaften: «für» anstatt «gegen» etwas. Sie vermitteln positive Inhalte über das Zusammenleben, die Offenheit gegenüber Anderem, die soziale Integration, über die Demokratie und den liberalen Rechtsstaat.

Im Rahmen des → Schwerpunktes «Extremismus und Radikalisierung» unterstützte die Plattform Jugend und Medien vier Pilotprojekte, die Gegennarrative oder alternative Narrative als Methode einsetzen. Die Pilotprojekte sollten verhindern, dass junge Menschen übers Internet radikalisiert werden. Ziel war es, Good practice zu identifizieren und schweizweit zugänglich zu machen. Die vier Pilotprojekte wurden wissenschaftlich evaluiert. Die Ergebnisse der Evaluation sind Gegenstand einer → Broschüre, die für künftige Projekte zur Prävention von Radikalisierung als Wegweiser dienen kann.

Achtung

Gerade Social-Media-Kanäle werden von extremistischen Gruppen gezielt als Propagandamedium eingesetzt, um neue Mitglieder zu gewinnen, zu radikalisieren und zu mobilisieren.

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Was sollte mein Kind beachten?

  • Kritisch sein: Nicht alles für bare Münze nehmen, was im Internet steht und gezeigt wird, sondern Online-Inhalte kritisch hinterfragen.
  • Fakten und Quellen checken: Wird andernorts über dasselbe Thema/Ereignis (gleich) berichtet? Wer steckt hinter der Veröffentlichung? Handelt es sich um eine seriöse Quelle?
  • Bilder und Videos auf Manipulationen prüfen: Mit der heutigen Technik lassen sich Bilder und Videos leicht verfälschen. Auch hier gilt es, kritisch und aufmerksam zu sein.


Weitere Tipps und Anwendungstools haben wir in unserer Rubrik → Fake News & Manipulation zusammengestellt

  • Eltern, Lehrpersonen oder eine → Beratungsstelle um Rat bitten.
  • Extreme Meinungen im Netz nicht teilen.
  • Nutzer*innen, die in den Sozialen Medien extremistische Inhalte posten, blockieren. Im Ernstfall sofort Hilfe holen.
  • Via Meldebutton (der sich im jeweiligen Post befindet) beim Plattformprovider Meldung erstatten. Diese werden immer vertraulich behandelt. Wird eine Löschung des gemeldeten Inhalts abgelehnt, kann man beispielsweise bei Facebook die Bearbeitung negativ bewerten und ein Feedback schreiben, sodass eine erneute Überprüfung stattfindet. Informationen: www.facebook.com/help
  • Anzeige bei der Kantonspolizei erstatten. Es ist aber ratsam, sich vorab bei einer Beratungsstelle beraten zu lassen, ob eine Anzeige sinnvoll ist. Achtung: Anzeigen müssen innerhalb von drei Monaten nach dem Vorfall gemacht werden.
  • Alle Beweismittel aufbewahren: Screenshots mit Zeitstempel und URL, in Chaträumen geführte Unterhaltungen und Bilder.
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Was können Eltern tun?

Medienkultur ist mit realer Kultur verbunden. Es stellen sich deshalb gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, die auf verschiedenen Ebenen angegangen werden müssen. Übergeordnet ist das Ziel, eine demokratische Alltagskultur zu stärken – in Familie, Schule und im Sozialraum. Hier können Eltern einen wichtigen Beitrag leisten. Die Kinder müssen ein Gespür dafür entwickeln, wo die Grenze zwischen Scherz, Satire, Ironie und Beleidigung, Bedrohung und Menschenverachtung liegt.

Die Heranwachsenden müssen verstehen, dass hinter lustigen Videochannels oder viralen Kampagnen Stimmungsmache und eine Rekrutierungsabsicht radikaler Gruppen stecken kann. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, wie Propagandastrategien und Fakes entlarvt werden können (mehr Informationen dazu unter → Fake News und Manipulation).

Auch hier braucht es kritische und kreative Auseinandersetzung sowie Experimentiermöglichkeiten.

Gewalttaten – besonders in Verbindung mit Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus – lösen Angst aus. Schlagzeilen in Zeitungen, Nachrichtensendungen online oder am Fernsehen holen den Schrecken von Terroranschlägen in den Alltag – unabhängig davon, ob die Taten Tausende von Kilometern weit entfernt oder in unmittelbarer Nähe stattgefunden haben.

Als Eltern oder Erziehungsberechtigte stehen Sie vor einem Dilemma: Zum einen wollen Sie Ihrem Kind das Gefühl von Sicherheit vermitteln und es durch eine Konfrontation mit Terrorismus nicht verängstigen. Zum anderen braucht Ihr Kind Antworten auf die Frage, weshalb es solche Gewalttaten in unserer Gesellschaft überhaupt gibt und Begleitung im Umgang damit.

Sprechen Sie mit Ihrem Kind über gewaltbereiten Extremismus, Gewalt und Terrorismus, wenn es Fragen stellt oder wenn Sie denken, dass es das Bedürfnis nach einem Gespräch hat. Ziel ist nicht, das Unerklärliche zu erklären, sondern dass das Kind seine Gefühle ausdrücken kann und Antworten auf seine Fragen erhält. Beachten Sie dabei folgende Punkte:

  • Drängen sie das Kind nicht, wenn es noch nicht bereit ist für ein Gespräch.
  • Halten Sie Ihr Kind fern von Gewalt darstellenden Bildern oder Videos.
  • Lassen Sie Ihr Kind darüber sprechen, wie es die Ereignisse versteht und was es fühlt.
  • Beruhigen Sie das Kind und vermitteln Sie Sicherheit. Erinnern Sie es daran, dass es beschützt wird und seien Sie für das Kind da.
  • Finden Sie eine Sprache, die an den Entwicklungsstand und die Persönlichkeit des Kindes angepasst ist.
  • Teilen Sie Ihre Gefühle bezüglich des Ereignisses mit dem Kind, bleiben Sie dabei ruhig und gelassen, um keine Angst auszulösen.
  • Beantworten Sie die Fragen des Kindes. Seien Sie klar und deutlich.

Ermutigen Sie Ihr Kind, Zivilcourage zu zeigen. Eine Möglichkeit bieten sogenannte Gegennarrative oder alternative Narrative (siehe weiter oben). Ziel ist es, sich mit sachlichen Argumenten und menschenrechtsorientiert in die Onlinedebatte einzubringen. Damit lassen sich Vorurteile und einseitige Meinungen und Stimmen nachhaltig verändern. Allerdings erfordert dieser Ansatz, dass man das Thema sehr gut kennt. Ausführliche Informationen zum Thema finden Sie in unserem →­ Schwerpunkt «Extremismus und Radikalisierung»

Extremistische Aktivitäten beruhen oft auf Vorurteilen gegenüber anderen Gruppen wie z. B. ethnischen Minderheiten. Untersuchungen zeigen, dass der Abbau dieser Vorurteile und negativer Einstellungen präventiv wirken (→ Bericht Averdijk/Eisner, Wirksame Gewaltprävention: eine Übersicht zum internationalen Wissensstand). Als Eltern können Sie Ihr Kind dazu animieren, die Perspektive von anderen zu übernehmen und sich in deren Lage zu versetzen. Auch direkte soziale Kontakte mit anderen Gruppen helfen, Empathie zu fördern und Vorurteile zu reduzieren. Beispiele dazu finden Sie in unserem → Schwerpunkt «Extremismus und Radikalisierung».

Um problematischen Entwicklungen rechtzeitig entgegenwirken zu können, müssen Radikalisierungstendenzen früh erkannt werden. Für Aussenstehende sind diese jedoch nicht immer unmittelbar zu erkennen, manchmal läuft die Radikalisierung gar verdeckt ab. Es gibt kein typisches Profil einer radikalisierten Person oder Gruppe.

Und es besteht kein Indikator, der eindeutig auf eine Radikalisierung hindeutet. Vielmehr zeigt sie sich in einem Zusammenwirken mehrerer Anzeichen. Bei jedem betroffenen Jugendlichen sieht die Radikalisierung anders aus und die persönlichen Geschichten und Umstände sollten immer berücksichtigt werden.

Folgenden Eigenschaften können darauf hinweisen, dass Jugendliche empfänglich sind für radikale Ideologien oder sich bereits radikalisiert haben:

  • Provokationen mit scheinbar mutigen Aussagen (zum Beispiel, dass sie selbst in den Krieg ziehen werden)
  • Gewaltandrohungen oder andere Delikte
  • Verharmlosung der Situation durch Aussagen wie «Es ist ja nur ein Spiel, es ist nur Spass»
  • Beschäftigung mit Verschwörungstheorien
  • Plötzliche Verhaltensänderungen, z.B. dass sich die Jugendlichen von Andersdenkenden abwenden oder sich ihnen gegenüber aggressiv verhalten. 
  • Versuchen Sie, mit Ihrem Kind in Kontakt zu bleiben und halten Sie die Beziehung zu ihm aufrecht.
  • Reagieren Sie nicht vorwurfsvoll oder aggressiv. Bleiben Sie wertschätzend, aber gehen Sie konsequent vor.
  • Nehmen Sie klar Stellung: Gewalt ist durch nichts zu legitimieren und kein Mittel zur Konfliktlösung.
  • Lassen Sie sich nicht auf eine Diskussion über Religion und Glauben ein, wenn Sie nicht über das dafür nötige Fachwissen verfügen.
  • Das Ziel eines Gesprächs sollte sein, dass Ihr Kind sein Verhalten überdenkt und möglichst ändert, um eine Selbst- sowie Fremdgefährdung abzuwenden - und dass Ihr Kind sich positiv weiterentwickeln kann.
  • Bestehen Zweifel über den Schweregrad der Probleme oder die Gefährlichkeit der Situation, sollte eine Beratungsstelle oder die Polizei beigezogen werden.
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Weitere nützliche Infos


Die Liste ist nicht abschliessend.

Zivilcourage & kritische Medienkompetenz

 

Extremismus & Radikalisierung im Netz


Präventionsvideos

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